Nachhaltigkeitsfinanzierung in Schwellenländern

  • 16 November 2021 (7 Minuten Lesezeit)

Bei COP26 ging es vor allem um eines: Was kann die internationale Community tun, um eine nachhaltigere Zukunft für die Menschen und den Planeten zu planen und schaffen?  Aber während die entsprechenden Maßnahmen der Industrieländer sehr genau beobachtet werden, schenkt man den Fortschritten und der Finanzierung der Nachhaltigkeit in den Emerging Markets nur wenig Aufmerksamkeit.

Natürlich blicken alle nach China, den mit etwa 30% Anteil an den globalen CO₂-Emissionen größten Treibhausgasemittenten der Welt. Im September 2020 stellte der chinesische Präsident Xi Jinping CO2-Neutralität bis 2060 in Aussicht. Das bedeutet, dass China seine Treibhausgasemissionen durch die Finanzierung der Einsparung von CO2-Emissionen in anderen Ländern ausgleichen will. Außerdem kündigte China kürzlich an, seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bis 2060 auf unter 20% senken zu wollen. Wenn man bedenkt, dass im letzten Jahr fast 60% der in China verbrauchten Energie aus Kohle gewonnen wurde, ist das ein ehrgeiziges Ziel.1 Im Einklang mit diesen Zielen ist China heute der führende Hersteller und Exporteur von Technologien für erneuerbare Energien und beweist damit sein starkes Engagement für Nachhaltigkeit.2

Auch die Umweltpolitik anderer Emerging Markets macht große Fortschritte. So mischt beispielsweise Brasilien seinem Kraftstoff seit fast 50 Jahren Ethanol bei, um die Abhängigkeit von Benzin zu verringern, und 2020 lag der nationale Pro-Kopf-Durchschnittsverbrauch von Biokraftstoffen bei 0,72 Barrel Öläquivalent (boe) und damit erheblich über dem weltweiten Durchschnitt von 0,08 boe.3 Außerdem stammt etwa 84% des Stroms in Brasilien aus erneuerbaren Quellen. In kaum einem anderen Land ist der Anteil so hoch.4

Ein anderes Beispiel: In Costa Rica gab es ein enormes Wiederaufforstungsprogramm, aufgrund dessen der Anteil von Wäldern an der Gesamtfläche in nur 30 Jahren von 40% auf 60% gestiegen ist.5 Auch Chile, in dem es sowohl Sonne als auch Wind im Überfluss gibt, hat enorme Kapazitäten zur Produktion erneuerbarer Energie. 2020 hat sich das Land vorgenommen, einer der weltweit größten Produzenten und Exporteure grünen Wasserstoffs (der mit erneuerbarer Energie hergestellt wird) zu werden. Auch dies ist eine wichtige Initiative, um die weltweite Nutzung fossiler Brennstoffe zu verringern.

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In anderen Regionen sind die Nachhaltigkeitspläne noch nicht so weit fortgeschritten. Beispielsweise gibt es in Afrika noch viel zu tun. Das bedeutet aber auch, dass hier das Potenzial für den Schutz der Umwelt enorm ist. Das 2021 gegründete African Green Stimulus Programme soll den Kontinent bei einer nachhaltigeren Erholung von den verheerenden sozioökonomischen und ökologischen Folgen der COVID-19-Pandemie unterstützen. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung Afrikas in der Landwirtschaft tätig ist. Deshalb muss hier die Produktivität verbessert werden, was wiederum zu mehr Nahrungsmittelsicherheit führen könnte. Aber Millionen von Menschen haben in Afrika noch immer keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch dieses Problem muss schnell angegangen werden.

Das Wachstum grüner Anleihen

Die Entwicklung des Marktes für grüne Anleihen (Green Bonds) zeigt deutlich, dass die Emerging Markets etwas gegen den Klimawandel tun wollen. Grüne Anleihen werden emittiert, um Nachhaltigkeitsprojekte zu finanzieren. 2020 wurden in den Schwellenländern für etwa 40 Milliarden US-Dollar grüne Anleihen an den Markt gebracht. Das sind 20% mehr als im Vorjahr.  Seit 2012 haben 43 Emerging Markets grüne Anleihen mit 226 Milliarden US-Dollar Gesamtvolumen emittiert. Bislang haben Green Bonds zwar nur 5,5% Anteil am Gesamtmarkt für Emerging-Market-Anleihen, aber das Emissionsvolumen steigt. Bis 2023 dürfte es 100 Milliarden US-Dollar jährlich betragen.6 Nach wie vor ist in den Emerging Markets China der größte Emittent von Green Bonds, aber auch Indien, Chile und Brasilien waren mitverantwortlich für das starke Wachstum des Marktes in den letzten Jahren.

Abbildung 3: Green-Bond-Emissionen in den Emerging Markets (2012–2020, in Millionen US-Dollar)

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Es gibt noch Hindernisse

Die Emerging Markets müssen aber nach wie vor einige Hürden überwinden, um Nachhaltigkeitsstrategien umsetzen zu können. Beispielsweise fehlt häufig die für erneuerbare Energie notwendige Technologie und/oder das Kapital, um sie zu entwickeln. Zudem haben die ärmeren Länder ganz andere, dringendere Probleme.  Hinzu kommen die großen Unterschiede zwischen den Schwellenländern, sodass es keine Patentlösung gibt, die für alle gleich gut geeignet ist.  Beispielsweise sind strombetriebene Züge in Brasilien wegen der Geografie schwer einsetzbar, während in Kolumbien die fehlende Infrastruktur die Einführung nachhaltigerer Technologien behindert.

Einerseits zählen einige Schwellenländer zu den größten Treibhausgasemittenten, weil sie in letzter Zeit so stark gewachsen sind und CO2-intensive Energie hier häufig billig ist. Andererseits sind die Pro-Kopf-CO2-Emissionen in den Industrieländern erheblich höher als in den Emerging Markets, und in der Vergangenheit wurde der mit Abstand größte Teil des CO2-Budgets in Industrieländern verbraucht, insbesondere in der EU und den USA.7

Aus unserer Sicht sollten Dekarbonisierungsprogramme nicht zulasten des künftigen Wachstums der Emerging Markets gehen. Deshalb müssen die Industrieländer zur Finanzierung der Nachhaltigkeit in Schwellenländern beitragen.  Nicht nur bei der Finanzierung selbst können sie helfen, sondern auch mit Technologie, damit Nachhaltigkeitsstrategien schneller umgesetzt werden können. Dazu müssen sie aber erkennen, dass der Kampf gegen den Klimawandel gemeinsam gekämpft werden muss. Die COP26-Vereinbarung, dass die USA, die EU und andere Industrieländer Afrika bei der Finanzierung der Energiewende helfen müssen, ist ein Schritt in die richtige Richtung und kann ein Vorbild für andere Länder – und Projekte – sein.

Unsere Überzeugungen

Ökologische, soziale und governancebezogene Faktoren (ESG) sind ein wichtiger Aspekt bei Investitionen in den Emerging Markets. Unsere Strategien für Emerging-Market-Anleihen unterliegen den sektorspezifischen Ausschlussrichtlinien von AXA IM. Sie investieren also nicht in umstrittene Waffen, Soft Commodities oder Palmöl. Außerdem wenden wir die ESG-Standards von AXA IM an, nach denen bestimmte Branchen wie Tabak beim Investieren ausgeklammert werden. Auch unsere ESG-Scoring-Methode kommt bei Emerging-Market-Anlagen zur Anwendung. Bei unseren Strategien für Schwellenländeranleihen streben wir einen höheren ESG-Score als die jeweilige Benchmark bzw. das jeweilige Anlageuniversum an. So fördern wir Anlagen, die auch nach ESG-Gesichtspunkten überzeugen.

In den letzten 20 Jahren galten viele Emerging Markets vor allem als Rohstoffexporteure, weil ihre Wirtschaft auf natürlichen Ressourcen wie Öl, Gas und Metallen beruhte. Deshalb war der Energiesektor in Emerging-Market-Anleihenstrategien in der Regel stark vertreten. Wir haben diese Positionen aber verringert und in konsumorientierte Sektoren umgeschichtet, die aus unserer Sicht nachhaltiger sind.  Außerdem investieren wir in Lateinamerika und Asien in erneuerbare Energie

und sind bestrebt, den CO2-Fußabdruck unserer Strategien für Emerging-Market-Anleihen zu verkleinern. Dazu haben wir unsere Position in Sektoren mit hohen Treibhausgasemissionen wie Stahl- und Proteinproduzenten sowie Versorger verringert. Zudem haben wir unternehmensweit unsere Richtlinien für Anlagen im Öl- und Gassektor verschärft und neue Ausschlüsse definiert, um die durch diesen Sektor entstehenden Umweltschäden zu mindern. In unseren Strategien für Emerging-Market-Anleihen haben wir unsere Position in Ölproduzenten verkleinert, vor allem in Unternehmen im Staatsbesitz, die nicht nur viel CO2 emittieren, sondern zudem weniger offen für Engagement sind.

Aus unserer Sicht ist die Nachhaltigkeit das größte Problem bei Anlagen in Schwellenländeranleihen. Durch die Kombination von ESG-Faktoren und traditionellen Finanzkriterien streben wir nicht nur stabilere Investmentstrategien mit der Aussicht auf überdurchschnittliche Langfristerträge an, sondern wollen Emerging Markets auch helfen, einen Beitrag zur Finanzierung einer nachhaltigeren Zukunft unseres Planeten zu leisten.

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