
Wie Stimmungsanalysen helfen können, bessere Anlageergebnisse zu erzielen
- 28 April 2025 (7 Minuten Lesezeit)
Im Überblick
Für die Beurteilung des fundamentalen Werts einer Aktie ist die Anlegerstimmung ein wichtiger Faktor. Und eine Analyse der Stimmung der Geschäftsleitung bei einer Telefonkonferenz zur Bekanntgabe und Erläuterung der Ergebnisse (Earnings Call) kann uns wertvolle Einblicke in den Optimismus (oder Pessimismus) und die strategische Ausrichtung des Unternehmens geben.
Aus fundamentaler Sicht können gute Unternehmensnachrichten aus dem Mund der Geschäftsleitung, beispielsweise zu Produkteinführungen oder wichtigen Ereignissen, den Aktienkurs in die Höhe treiben. Negative Nachrichten können das Gegenteil bewirken.
Unser Stimmungsmodell analysiert Abschriften von Earnings Calls und nutzt dazu Natural Language Processing (NLP), und zwar gezielt die maßgeblichen Teile des Gesprächs. So wollen wir erkennen, wie optimistisch oder pessimistisch die Geschäftsleitung ist und wie stark sich die Wortwahl seit der letzten Konferenz verändert hat.
Zusammen mit unserer fundamentalen Einschätzung einer Aktie, vor allem in puncto Qualität und Bewertung, können wir uns mittels der Analyse der Stimmung ein besseres Bild von der Aktie und ihrem künftigen Potenzial machen. Dieser umfassende Ansatz hilft uns nicht nur, Investmentrisiken und -chancen zu erkennen, sondern auch, in einem sich ständig verändernden Marktumfeld längerfristige Anlageentscheidungen zu treffen.
Am Ende ermöglichen Stimmungsanalysen Investoren, ihre Strategien an die Marktdynamik anzupassen, sodass gute Ergebnisse wahrscheinlicher werden.
Was ist ein „Stimmungsmodell“?
Der Faktor Stimmung hat verschiedene Aspekte. Einer davon ist die Zuversicht für die Kursentwicklung, also die erwartete Veränderung von Aktienkursen. Ein weiterer ist die Einschätzung der Gewinne, bei der es um die Anhebung oder Senkung von Gewinnprognosen geht.
Wir betrachten NLP-basierte Indikatoren, wie die Stimmung in einem Earnings Call, in Zeitungsartikeln und in den sozialen Medien. NLP ist eine Form der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Entschlüsselung der menschlichen Sprache. NLP-Modelle können Begriffe Kategorien zuordnen, sie also beispielsweise als positive, neutrale oder negative Stimmung klassifizieren. Einige Modelle liefern noch feinere Ergebnisse und unterscheiden zwischen sehr negativer, negativer, neutraler, positiver und sehr positiver Stimmung.
Die ersten NLP-Modell zählten, wie häufig positive, negative und neutrale Worte benutzt wurden. Das wichtigste Ziel der Stimmungsmessung mit NLP-Modellen ist, die Intensität der Stimmung festzustellen. Jüngste Fortschritte haben hoch entwickelte Modelle hervorgebracht, die den Kontext eines Gesprächs berücksichtigen und damit Stimmungsnuancen besser erkennen können.
Die Geschichte der Stimmungsmodelle
Das Harvard IV-4 Dictionary, eines der ersten Stimmungsanalyse-Tools, das in den 1990ern entwickelt wurde, ordnet Begriffen allgemeine Stimmungen und seelische Zustände wie „positiv“ oder „negativ“ zu. Weil es sehr breit aufgestellt ist, ist es zwar nützlich, aber nicht auf spezielle Bereiche wie das Finanzwesen zugeschnitten.
Dagegen beruhte das 2011 eingeführte Loughran-McDonald-Modell auf Stimmungs-Wörterbüchern, die zwar ebenfalls Begriffe Stimmungen zuordnen, ist aber auf den Finanzsektor zugeschnitten. So gelten Begriffe wie „Minderertrag“, „ungünstig“ und „unvorhergesehen“ als negativ, während Wörtern wie „rentabel“, „Mehrertrag“ und „optimistisch“ eine positive Konnotation zugeschrieben wird. Anders als allgemeine Wörterbücher erfasst das Modell die Bedeutung von Begriffen in der Finanzwelt und definiert Termini wie „Zahlungsverpflichtung“ oder „Risiko“ als negativ.
Das Modell zählt, wie oft Wörter dieser Art vorkommen, und wenn positive Begriffe einen größeren Anteil am Text haben, wird er als positiv klassifiziert.
Unser erstes Modell nutzte das Loughran-McDonald-Wörterbuch. Seine Spezialisierung auf die Finanzwelt machte es zu einem wichtigen Tool für die Stimmungsanalyse von Finanztexten und stellte eine Verbindung zum Marktverhalten und der Performance des Unternehmens her.
Kürzlich haben Transformer-Modelle wie FinBERT die Stimmungsanalyse mit Deep Learning und einer Einbindung des Kontextes revolutioniert. Die Transformer-Architektur veränderte alles. Sie war maßgeblich für die Weiterentwicklung von KI und entscheidend für den Erfolg von ChatGPT.
Das Besondere an einem Transformer ist sein Aufmerksamkeitsmechanismus, mit dem sich das Modell quasi selbst beobachtet und die einzelnen Elemente eines Satzes nach ihrer Bedeutung gewichtet, bevor es eine Aussage trifft. Durch diesen Mechanismus kann das Modell weitreichende Abhängigkeiten erkennen und jedes Wort im Kontext des gesamten Satzes erfassen. Transformer können komplexe Muster und Beziehungen innerhalb der Sprache erkennen, sodass eine völlig neue Art von NLP entstanden ist.
FinBERT wurde gezielt mit Finanzdaten trainiert, sodass es die Nuancen der Finanzterminologie besser versteht. Beispielweise erkennt das Modell, dass „volatil“ auf Risiken hindeutet. Es erfasst aber nicht nur Stimmungen, sondern auch den Kontext, in dem Wörter genutzt werden, und „kennt“ deshalb die eigentlichen Bedeutungen von Finanzbegriffen. Deshalb erhält man mit FinBERT erheblich genauere Stimmungsanalysen im Finanzbereich als mit traditionellen Wörterbuch-Modellen.
Für unsere Analyse der Abschriften von Quartals-Earnings-Calls nutzen wir ein FinBERT-Modell und eine NLP-Technik, um herauszufinden, ob die Stimmung einer Geschäftsleitung positiv oder negativ ist. Aus unserer Sicht ist FinBERT heute ein leistungsfähiges Tool zur Analyse komplexer Finanztexte, das Prognosen und Entscheidungen verbessern kann.
Die Genauigkeit der Modelle im Vergleich
In den unten stehenden Grafiken vergleichen wir die Stimmungsklassifikationen der Wörterbücher von Loughran-McDonald und Harvard IV-4 mit FinBERT.
Dazu haben wir 300 Zeitungsartikel aus der Financial Times analysiert, die wir manuell den Kategorien „positiv“, „negativ“ und „neutral“ zugordnet haben. Dann haben wir untersucht, wie gut die drei Modelle diese Dokumente einordnen. Es zeigten sich deutliche Leistungsunterschiede zwischen den drei Modellen. FinBERT war das exakteste Modell. Es erkannte 81,7% der Titel und irrte nur bei 18,3%. Das Loughran-McDonald Dictionary lag bei 54,0% der Titel richtig und bei 46,0% falsch. Am ungenausten war das Harvard IV-4 Dictionary, das nur 45,0% richtig und 55,0% falsch zuordnete. Aus unserer Sicht zeigt dies die Überlegenheit von FinBERT bei der Analyse der Stimmung in Finanztexten gegenüber traditionellen Methoden, die auf Wörterbüchern beruhen.
Stimmungsanalysen zur Verbesserung von Investmentergebnissen
Für uns als quantitative Investoren sind NLP-basierte Stimmungsindikatoren eine wichtige Komponente bei der Berechnung unseres Momentumfaktors. Zurzeit binden wir NLP-basierte Stimmungsanalysen von Earnings Calls in unseren eigenen Momentumfaktor ein. Stimmungsindikatoren können mit anderen Faktoren kombiniert werden, um den Einzelwertansatz umfassender zu gestalten.
Wir halten es für wichtig, unsere Modelle ständig zu verbessern, um unseren Vorteil bei der Einzelwertauswahl zu sichern. Aus unserer Sicht sind wir dank unserer Erfahrung in diesem Bereich gut aufgestellt, um die aktuellen Entwicklungen bei KI und Maschinenlernen zu nutzen – um die bestmöglichen Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen.
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