Fed wagt größten Zinsschritt seit 1994; EZB nimmt Kreditkosten in Angriff
Alles Wichtige auf einen Blick
Die US-Notenbank Fed hat ihren Leitzins (Federal Funds Rate) um 75 Basispunkte (Bp.) auf eine Zielspanne von 1,5% bis 1,75% und damit so stark angehoben wie seit 1994 nicht mehr. Zudem geht die Zentralbank davon aus, dass der Durchschnittssatz bis Jahresende auf 3,4% (ggü. 1,9% in der März-Prognose) und im kommenden Jahr bis auf 3,8% (ggü. 2,8%) steigen wird. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell signalisierte, dass aufgrund anhaltender Sorgen wegen steigender Preise auf der nächsten Zinssitzung eine weitere Anhebung um 50 bis 75 Bp. ins Auge gefasst werde. In ihren Prognosen rechnet die Fed mit einer Eintrübung der US-Konjunktur sowie einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Powell zufolge seien die Währungshüter jedoch „nicht darauf aus, die Wirtschaft in eine Rezession zu treiben“. Die Märkte in den USA und anderen Ländern schätzten das Risiko indes höher ein, sodass die meisten wichtigen Börsenbarometer in der Woche bis zum Handelsschluss am Donnerstag Verluste verbuchten.
Nachrichten aus aller Welt
Die Europäische Zentralbank hat Maßnahmen angekündigt, um die steigenden Kreditkosten in den Euroraum-Peripherieländern zu bremsen. So möchte sie bei der Wiederanlage von Erlösen aus ausauslaufenden Anleihen den am stärksten verschuldeten Ländern unter die Arme greifen. Zudem ist die Entwicklung neuer Instrumente zur Verhinderung eines allzu großen Kreditkostengefälle geplant. Ziel ist, die Märkte zu beruhigen. Unterdessen überraschte die Schweizerische Nationalbank mit einem beherzten Zinsschritt um 50 Bp. – der ersten Anhebung seit 15 Jahren –, mit dem sie die Inflation eindämmen will. Bereits ihre fünfte Zinserhöhung in Folge unternahm die Bank of England, die ihren Leitzins um 25 Bp. anhob. Die Entscheidung fiel nicht einstimmig; drei der neun Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses plädierten für eine Erhöhung um 50 Bp. Die Zentralbank kündigte an, sie werde „energisch“ durchgreifen, sollte sich der Preisauftrieb nicht abschwächen.
Zahl im Fokus: 101,6 Millionen Barrel
Trotz der derzeitigen Konjunkturunsicherheit geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass die globale Ölnachfrage 2023 um täglich 2,2 Mio. Barrel auf 101,6 Mio. Barrel pro Tag steigen und damit das Vorpandemieniveau übertreffen wird. In ihrem Juni-Ölmarktbericht prognostiziert sie, dass sich die Nachfrage im kommenden Jahr trotz höherer Preise und schwächerer Konjunkturaussichten, die den Verbrauch bremsen, beleben wird. Als einen Grund nannte sie das Anlaufen der chinesischen Wirtschaft im Zuge der Lockerung der Corona-Lockdowns. Die IEA merkte aber auch an: „Höhere Ölpreise und schwächere Konjunkturaussichten dämpfen weiterhin unsere Erwartungen für das Ölnachfragewachstum.“
Wissenswertes
Greater Fool Theorie: Ein Konzept, das zu erklären versucht, wie Marktblasen aufrechterhalten werden. Der Kerngedanke lautet, dass ein Anleger, der einen unter den meisten Aspekten überteuert scheinenden Vermögenswert besitzt, unter bestimmten Voraussetzungen stets einen „noch größeren Trottel (Fool)“ findet, an den er den Vermögenswert mit Gewinn weiterverkaufen kann. Tech-Milliardär Bill Gates verwendete den Begriff letzte Woche in kritischen Äußerungen zu den Bedingungen am Markt für Kryptowährungen und zum Höhenflug von Non-Fungible Tokens (NFT).
Das bringt die Woche
Am Dienstag veröffentlicht die australische Notenbank das Protokoll ihrer geldpolitischen Sitzung im Juni, auf der sie ihren Leitzins um 50 Bp. auf 0,85% heraufgesetzt hatte. Am Mittwoch erscheinen die Mai-Inflationsdaten für Kanada und Großbritannien, während der EZB-Rat eine nicht geldpolitische Sitzung abhält. Eine ganze Reihe an Einkaufsmanagerindizes u. a. für Japan, den Euroraum, die USA und Großbritannien folgen am Donnerstag. Am Freitag stellt Japan aktualisierte Inflationszahlen für Mai vor.
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