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Die Sicht des CIO

Was bringt 2023 für Investoren: Es wird Zeit für ein bisschen mehr Optimismus

  • 18 Januar 2023 (7 Minuten Lesezeit)

Im Überblick

  • Mehrere Faktoren könnten die Märkte 2023 stützen – die Inflation dürfte weiter sinken.
  • Die Wiederöffnung Chinas könnte Binnen- und Weltwirtschaft neuen Auftrieb geben.
  • Möglicherweise wird viel in nachhaltige Infrastruktur investiert.

Die Herausforderungen, die die Märkte 2022 belastet haben (Ukrainekrise, Inflation, schnelle Straffung der Geldpolitik und nachlassende Konjunktur), werden vermutlich noch eine Weile Bestand haben, sodass die Märkte jederzeit wieder volatiler werden können.

Im schwierigen Umfeld des letzten Jahres verbuchten sowohl Aktien als auch Anleihen Verluste. Das ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher wäre es aber, wenn sich dies 2023 wiederholt.

Deshalb gehen wir trotz der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage davon aus, dass Investoren in diesem Jahr optimistisch sein dürfen. Mehrere Faktoren könnten die Märkte 2023 stützen. Dazu zählen ein weiterer Rückgang der Inflation, stabile oder rückläufige reale Anleiherenditen, die Wiederöffnung Chinas und höhere Investitionen in Infrastruktur und grüne Projekte.

Zuversichtlichere Investoren

Nach dem turbulenten Jahr 2022 konnten die Investoren im letzten Quartal des Jahres etwas durchatmen. Weil die Hoffnung aufkam, dass Inflations- und Zinsängste ihren Höhepunkt erreicht haben könnten, setzten die Märkte zu einer Rallye an.  

Glücklicherweise setzte sich dieser Trend in diesem Jahr fort – zumindest bis jetzt. Wichtige US-amerikanische, asiatische und europäische Indizes liegen im Plus. Der britische FTSE 100 hat sogar erstmals seit 2018 die 7.700-Punkte-Marke übertroffen.1

Gestützt wurden die Märkte von besseren Nachrichten und Daten, beispielsweise dem überraschend starken US-Wachstum im 3. Quartal, das die Erholung der Wirtschaft von der Schrumpfung im 2. Quartal bestätigte.  In den drei Monaten bis Ende September ist das US-BIP um 3,2% p.a. gestiegen. Die ursprüngliche Schätzung von 2,9% wurde aufgrund der höheren Konsumausgaben und Anlageinvestitionen nach oben korrigiert.2

Trotz der jüngsten Rallye und angesichts des Einbruchs risikobehafteter Wertpapiere im letzten Jahr besteht noch Luft nach oben. Aktien haben noch viel aufzuholen und Anleihen sind nach dem allgemeinen Rückgang von Festzinspapieren im Jahr 2022 gemessen an ihren durchweg höheren Renditen attraktiver geworden. 

Die Inflation läuft aus 

Die im Jahr 2022 vorherrschende hohe Inflation dürfte in diesem Jahr nachlassen. Wir erwarten allerdings nur einen allmählichen Rückgang. Die jüngsten Daten machen Mut; in einigen Ländern scheint der Inflationshöhepunkt überschritten zu sein. In den USA ging die Teuerung im Dezember weiter zurück – von 7,1% im November auf 6,5%. Damit war ihr jährlicher Anstieg so gering wie zuletzt im Oktober 2021. Und wenn sich der Verbraucherpreisindex bis zum Ende dieses Jahres jeden Monat genauso entwickelt wie im langfristigen Durchschnitt in der Vergangenheit, könnte die US-Gesamtinflation sogar bis auf 2%–3% zurückgehen.3

Hinzu kommt, dass die Euroraum-Inflation endlich wieder unter 10% gesunken ist, auf 9,2% p.a. im Dezember nach 10,1% im November. Das ist zwar noch immer hoch, aber der Rückgang war stärker als von den Märkten erwartet.4 Zugleich hat auch die Konjunktur im Euroraum im Dezember wieder etwas angezogen, was auf die niedrigere Inflation, den robusten Arbeitsmarkt und den Anstieg des Geschäftsvertrauens zurückzuführen ist. Es dürfte also allenfalls zu einer leichten Rezession kommen. In der Vergangenheit sind die Aktienerträge meist gestiegen, wenn die Inflation sich wieder auf einem normaleren Niveau eingependelt hat.

Vergessen Sie die Fed

Fed-Chef Jerome Powell hat sich sehr klar ausgedrückt: Die Fed wird ihre straffe Geldpolitik solange beibehalten, bis die Inflation deutlich zurückgegangen ist. Aus unserer Sicht spricht das für ein oder zwei Zinserhöhungen in diesem Jahr. Zu einer Zinssenkung dürfte es nicht kommen. Der Markt sieht das offenbar anders. Deshalb ist die Zinsstrukturkurve, eine Kurve, die die Rendite von ratinggleichen Anleihen mit unterschiedlicher Duration abbildet, invertiert. Das heißt, dass Renditen von Anleihen mit längerer Laufzeit niedriger sind als die von kürzerlaufenden Papieren. Dies wiederum bedeutet, dass die Investoren einen Rückgang der Langläuferrenditen erwarten. Nach der letzten Sitzung der Fed lag die Schätzung der langfristigen Gleichgewichtszinsen unverändert bei 2,5%.5

 

Der Markt will einfach nicht glauben, dass die Fed den Tageszinssatz längere Zeit auf einem Niveau halten kann, das doppelt so hoch ist wie der langfristige Gleichgewichtszins. In der ersten Jahreshälfte 2023 dürften die Leitzinsen ihren Höhepunkt erreichen.  Für sich genommen ist das vermutlich gut für die Märkte, und die Investoren dürften noch viele Jahre von den extrem hohen Anleiherenditen profitieren. In diesem Umfeld scheinen Unternehmensanleihen mit kürzerer Duration und High Yield besonders interessant.

China hat wieder aufgemacht

Die Wiederöffnung Chinas nach dem pandemiebedingten Lockdown ist sicherlich ein sehr wichtiger Faktor. Seit Jahrzehnten war das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht mehr so niedrig wie zuletzt.6 Da die Grenzen jetzt wieder offen sind, erhoffen sich Investoren wieder Wachstum und attraktive Investmenterträge. 

Zweifellos könnte die Wiederöffnung der Binnen- und Weltwirtschaft erheblichen Auftrieb geben. Schon jetzt haben chinesische H-Shares (in Hongkong notierte Aktien) und asiatische Aktien ausgehend von ihren Tiefständen des letzten Jahres deutlich an Wert gewonnen. Auch die anhaltende Lockerung der chinesischen Geldpolitik und die niedrige Inflation bieten Spielraum für eine Erholung des Wachstums.

Die Wiederöffnung Chinas könnte auch andere Volkswirtschaften beleben, in Asien und weltweit, vor allem in Europa. Ein Wiederanlaufen der Exportmärkte, der Dienstleistungsnachfrage und des Konsums kann enorme Auswirkungen haben. Bei einer Erholung Chinas könnten aber auch die Energiemärkte wieder unter Druck geraten und den Inflationsrückgang weltweit bremsen. Aber die positiven Auswirkungen einer größeren Nachfrage aus China und wieder besser funktionierende Lieferketten dürften schwerer wiegen als die möglichen Folgen einer stärkeren chinesischen Wirtschaft für die Inflation.

Dennoch sollten sich Investoren auf einige Unwägbarkeiten vorbereiten. Durch die plötzliche Abkehr von der Null-COVID-Politik sind die Infektionszahlen massiv gestiegen, sodass die Krankenhäuser überfüllt sind.  Sobald aber die Bevölkerung „durchinfiziert“ ist, und vor allem, wenn die Impfquoten steigen, dürfte die 17,7-Billionen-USD-Volkswirtschaft zu einer kräftigen Erholung ansetzen, weil dann der Konsum, die privaten Investitionen, der Außenhandel und die Reisetätigkeit wieder steigen und auch der angeschlagene Immobiliensektor vermutlich wieder anzieht.7

ESG gewinnt wieder an Fahrt

Der UN-Klimagipfel COP27 hat in vielerlei Hinsicht enttäuscht. Erfolgreich war allerdings die Klimavereinbarung in Form eines bahnbrechenden Ausgleichsfonds für Klimaschäden, der anfälligen Ländern bei der Bewältigung der verheerenden Folgen des Klimawandels helfen soll. Eine wichtige Botschaft von COP27 ist, dass Investoren für jeden tragfähigen Plan zur Finanzierung unseres Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind.

Der Weg zur Netto-Null und darüber hinaus steht fest, auch wenn es auf dem letzten Klimagipfel nicht gelungen ist, die möglichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Erfreulicherweise haben sich im Dezember 195 Länder darauf geeinigt, 30% des Festlandes und der Ozeane weltweit bis 2030 unter Schutz zu stellen – ein Meilenstein, der auf der Biodiversitätskonferenz COP15 angekündigt wurde. Zudem sollen die Länder gemäß der Vereinbarung jedes Jahr 200 Milliarden US-Dollar in Biodiversitätsprojekte investieren. 

Das Thema Energiesicherheit wurde durch die Ukrainekrise ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Mehr denn je werden jetzt Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung getroffen, was wiederum eine schnellere Entwicklung erneuerbarer Energiequellen fördert. Der vom US-Kongress im letzten Jahr erlassene Inflation Reduction Act macht den Weg frei für enorme Investitionen in grüne Projekte in den USA. Staatliche Subventionen für Sektoren wie Elektrofahrzeuge, CO2-Speicherung und Wasserstoffherstellung werden die US-Investitionen in die Energiewende ankurbeln.  Davon profitieren viele Sektoren des US-Aktienmarkts sehr stark.

Die Geschäftsprozesse werden nachhaltiger werden müssen – immer mehr und dauerhaft. Für uns steht deshalb eines fest: Die einzige Möglichkeit, für eine langfristig starke Wirtschaft zu sorgen, ist, nachhaltig zu Investieren.

Die Unsicherheit bleibt

Zwar gibt es aus unserer Sicht einige Gründe, für das Jahr 2023 optimistisch zu sein, aber einfach wird es nicht. Rezessionen werden kommen, und der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass ein Drittel der Weltwirtschaft in den nächsten 12 Monaten davon betroffen sein wird.8

 Aber diese Erwartung ist bei unserem Ausblick bereits berücksichtigt, und auch die Investoren haben bereits entsprechend reagiert.  

Wir gehen aber davon aus, dass die Inflation zurückgeht und die Konjunktur im Laufe des Jahres 2023 und bis ins Jahr 2024 hinein wieder anziehen wird. Angesichts der jetzt attraktiveren Bewertungen könnte die Erholung recht robust, wenn auch nicht stetig ausfallen.

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