Mäßigt sich Meloni?
- Das TPI, das neue Antifragmentierungsinstrument der EZB, dürfte Italien nicht helfen. Vielmehr kommt es auf die Wirtschaftspolitik der Parteien an, die am 25. September vermutlich gewinnen werden.
- Noch straffer dürften die Zentralbanken nicht werden. Dennoch steigt die Wahrscheinlichkeit eines Konjunkturabschwungs auf beiden Seiten des Atlantiks. Das könnte Ende des Sommers Einfluss auf die politischen Debatten haben.
Die EZB hat sich entschieden, der Wirtschaft die Unterstützung negativer Zinsen zu entziehen und hat die Leitzinsen um 50 Basispunkte angehoben, obwohl sie noch im Juni eindeutig eine Erhöhung um nur 25 Basispunkte in Aussicht gestellt hatte. Damit könnte sie dauerhaft die Glaubwürdigkeit künftiger Ankündigungen infrage gestellt haben. Möglicherweise betrachtete der EZB-Rat die Entscheidung als ein sinnvolles Zugeständnis gegenüber den Falken, damit am Ende das TPI einstimmig beschlossen werden konnte, mit dem sie die Zersplitterung des Euroraums verhindern will. Zwar halten wir das TPI für einen möglicherweise wirksamen Schutz für die anderen Peripherieländer, falls sich die italienische Stimmung ausbreitet, aber für den Umgang mit dem zurzeit in Italien stattfindenden Drama hilft es unserer Meinung nach nicht. Selbst die nur schwachen Auflagen des TPI umfassen die Einhaltung bestehender „Verträge“ mit der EU, die im Zentrum der Spannungen innerhalb der von Draghi angeführten Koalition standen. Die Nachricht an die politischen Kreise Italiens ist, dass sie sich jetzt erst einmal selbst helfen müssen. Die Art und Weise, wie die voraussichtlichen Siegerparteien bei den vorgezogenen Neuwahlen am 25. September ihre aktuellen Wahlprogramme ändern, wird darüber entscheiden, ob die Spreads noch weiter werden. Giorgia Meloni, Vorsitzende der Fratelli d’Italia, die nach den aktuellen Umfragen zurzeit in einer rechten Koalition führt, hat ihre euroskeptische Rhetorik bereits gemäßigt, bleibt aber bei den Themen Steuern und strukturelle Reformen hart und damit nach wie vor radikal.
Die EZB will ihre Geldpolitik zweifellos weiter normalisieren. Aber für viele Vertreter der Wirtschaft im Euroraum sind die Finanzbedingungen schon jetzt restriktiv. Nach der jüngsten Bank Lending Survey werden die Kreditbedingungen zunehmend strenger. Der Flash-PMI für Juli spiegelt einen schnellen Abschwung der Realwirtschaft wider, und der ungewollte Aufbau von Lagerbeständen könnte am Ende die aktuellen Preissteigerungen bremsen. Dies würde dann früher oder später den Verfechtern einer weniger restriktiven Geldpolitik innerhalb der EZB in die Hände spielen, aber wir gehen dennoch davon aus, dass auch der Zinsschritt im September einer um 50 Basispunkte sein wird.
Unserer Einschätzung nach wird die Fed ihre Leitzinsen diese Woche um 75 Basispunkte anheben. Auch in den USA mehren sich die Zeichen für einen Abschwung der Realwirtschaft, aber zuvor war die Konjunktur eindeutig überhitzt, sodass die Fed noch eine Weile recht restriktiv bleiben dürfte.
Rechtliche Hinweise
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