ESG-Investments: Warum wir einen aktiven Ansatz für optimal halten
Die Aktiv-Passiv-Diskussion ist allgegenwärtig, und das schon seit Jahren. Bei ökologischen, sozialen und governancebezogenen Anlagen (ESG) ist ein aktiver Ansatz das Beste. Davon sind wir fest überzeugt.
Beim aktiven Investieren geht es in erster Linie darum, höhere Erträge zu erzielen als mit einer Strategie, die einfach nur einen Marktindex abbildet. Erfolgreiche aktive Ansätze können Mehrertrag gegenüber dem Index erzielen und zudem weniger volatil sein.
Dazu stellen aktive Manager diversifizierte Portfolios aus Wertpapieren zusammen, die sie auf Grundlage fundamentaler oder faktororientierte Analysen auswählen, statt zu versuchen, Struktur und Gewichtungen eines großen Index nachzubilden. Die Auswahl kann auf Konjunktur-, Bewertungs-, Stil- oder Themenfaktoren beruhen.
Bei passiven Strategien spielen Fundamentaldaten und Bewertung eines Unternehmens keine Rolle. Wenn der Markt fällt, fallen auch sie.
ESG-Betrachtungen
Durch die Einbindung von ESG-Faktoren erhält der aktive Anlageprozess eine zusätzliche Dimension, weil man vor der Entscheidung sowohl die Chancen als auch die Risiken betrachtet. Das versetzt aktive Manager in die Lage, ESG-Risiken zu erkennen und zu quantifizieren, die durch Prozesse und/oder Geschäftsmodell eines Unternehmens entstehen – und sich ein Bild davon zu machen, wie hoch und wesentlich diese Risiken sind.
Schwerpunkt einer solchen Analyse können beispielsweise die Umweltfolgen der Unternehmensprozesse sein oder die Frage, wie stark eine Firma von Klimarisiken betroffen ist und ob dadurch wiederum aufsichtsrechtliche oder steuerliche Risiken entstehen. Vielleicht machen sie das Unternehmen auch anfälliger für Lieferkettenprobleme oder Veränderungen von Konsummustern. Eine mögliche Frage ist, welche Auswirkungen Extremwetterereignisse für das Unternehmen hätten. Welche Folgen hätten sie für Prozesse, Lieferketten und Mitarbeiterschaft? Diese Risiken zu verstehen ist entscheidend für die Einschätzung eines Unternehmens.
Soziale Faktoren sind das Humankapitalmanagement und der Umgang mit Stakeholdern: Arbeitsstandards in der Lieferkette sowie Beziehungen zu lokalen Communities und Kunden. Governance ist zweifellos ein wichtiges Thema, weil eine schwache Kontrolle zu Steuerproblemen, zu hoher Führungskräftevergütung oder sogar zu Gesetzesverstößen führen kann.
Immer mehr Kunden erwarten von ihrem Assetmanager, dass er nicht finanzielle Ergebnisse anstrebt, weil sie zunehmend nicht nur ihre Ertragsziele erreichen, sondern auch verantwortlich investieren wollen.
Chancen nutzen
Wichtig ist zu prüfen, welchen Einfluss ESG-Faktoren auf ein Unternehmen und seine künftige Rentabilität haben können. Aktive Manager können ESG-Analysen nutzen, um Umfang und Relevanz der Risiken zu erkennen, zu quantifizieren und einzuschätzen. Am Ende ist es besser, diese Risiken zu kennen und möglicherweise Portfolioumschichtungen vorzunehmen, sobald sie auftreten und nicht erst, wenn sie die finanzielle Performance des Unternehmens bereits beeinträchtigen.
Hinzu kommt, dass Unternehmen mit besseren ESG-Profilen mit größerer Wahrscheinlichkeit langfristig auch finanziell erfolgreicher sind. Beispielsweise müssen traditionelle Produzenten fossiler Brennstoffe ihr Unternehmen anpassen, weil sie wissen, dass sie ansonsten keine Zukunft haben und auf ihren Stranded Assets sitzenbleiben. Bei den meisten ist der Anpassungsprozess bereits im Gange.
In Bereichen wie dem Klimawandel ermöglichen ESG-Analysen aktiven Investoren, Nachzügler und Klimavorreiter zu erkennen, also Unternehmen, die schon jetzt wenig CO2 emittieren. Und sie erkennen auch, wer die Energiewende vorantreibt und nachweislich auf dem besten Weg ist, das Pariser Klimaziel (Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, wenn möglich auf 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau) zu erreichen. Im Laufe der Zeit wird Unternehmen mit einem guten ESG-Profil mehr Kapital zufließen, sodass sie finanziell besser ausgestattet sein werden. Dann könnten ihre Aktionäre mehr Geld verdienen und ihre Gläubiger von höheren Ratings profitieren.
Aktive Manager können gezielt auf Unternehmen setzen, die führende Klimatechnologie anbieten oder ermöglichen, und die Nachzügler ausschließen. Nach meiner Einschätzung würde ein passiver Ansatz das nicht so gut können.
In vielen Investmentprozessen steht ESG im Mittelpunkt. Deshalb stehen zusätzliche Daten und Informationen zur Verfügung, die aktive Manager in die Lage versetzen, auch nicht finanzielle Ziele zu verfolgen. Auf Grundlage von Datenbasen mit ESG-Faktoren werden ESG-Profile einzelner Unternehmen erstellt.
Einzelwertauswahl
Die ESG-Analyse ergänzt die fundamentalen Finanz- und Entwicklungsanalysen. Ziel ist eine bessere Einzelwertauswahl. Aktive Manager können Unternehmen auf Grundlage ihrer Fundamentaldaten wie Gewinnwachstum, Rentabilität und Cashflows sowie ihrer ESG-Profile auswählen.
Einige der ESG-Tools werden sowohl bei aktiven als auch bei passiven Ansätzen verwendet. Aber aktiven Managern stehen mehr Instrumente zur Verfügung, um Unternehmen anzuhalten, ihr ESG-Profil zu verbessern. Nicht zuletzt ist das die Möglichkeit, die Portfoliostruktur dynamisch zu verändern, um sowohl die finanziellen als auch die nicht finanziellen Ergebnisse zu verbessern, weil aktive Manager anders als passive volatile Marktphasen taktisch nutzen können.
Aktive Manager setzen darauf, dass immer mehr ESG-Daten erhoben und veröffentlicht werden. Um zu entscheiden, ob und in welchem Umfang man in ein Unternehmen investieren sollte, muss die Berichterstattung über alle ESG-Aspekte umfassender und transparenter werden.
Regulierungsinitiativen wie die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) haben den Druck auf Unternehmen erhöht, detailliert darzulegen, wie ihre Prozesse die Umwelt beeinflussen. Dadurch sind umfangreiche und umfassende Datenbanken entstanden. Zugleich haben aktive Manager Programme zur Modellierung von Daten entwickelt, vor allem für komplexere ESG-Bereiche wie die Dekarbonisierung.
Die Nutzung von ESG-Daten ist hilfreich für die Einzelwertauswahl in Strategien, die auf Best-in-Class, Diversifikation und aktives Risikomanagement setzen, wobei das aktive Risiko von Aktienportfolios am Active Share und am Tracking Error gemessen wird. Durch diese Techniken ergeben sich andere Gewichtungen und Risikoprofile als bei einem passiven Portfolio. Immer mehr Nachhaltigkeitsfonds sollen ein besseres ESG-Profil haben als das des Referenzindex. Und immer mehr Manager passen ihre Portfolios und Performancekennzahlen an Nachhaltigkeitsziele an, die sich in der Regel an den UN SDGs (United Nations Sustainable Development Goals) orientieren.
Stewardship
Aktiven Managern stehen noch mehr Instrumente zur Verfügung, zum Beispiel Abstimmungen auf Hauptversammlungen und Engagement. Sie können ihren Status als Eigentümer und Gläubiger nutzen, um die Geschäftsleitung durch Engagement positiv zu beeinflussen – zu ESG-Fragen, aber auch zu anderen unternehmensrelevanten Themen. Eine Ablehnung von Anträgen der Geschäftsleitung ist ein kraftvolles Werkzeug, vor allem, wenn sich mehrere ähnlich denkende aktive Manager zusammentun. Und Investoren können auf Hauptversammlungen Anträge zu ESG-Problemen stellen. Passive Manager können das natürlich auch tun. Auch sie können erheblichen Einfluss auf die Geschäftsleitung nehmen. Aber anders als sie können aktive Manager Aktien untergewichten, wenn sie das Gefühl haben, dass die Geschäftsleitung ihre ESG-Erwartungen nicht erfüllt. Eine solche Untergewichtung kann das ESG-Profil des Gesamtportfolios verbessern.
Häufig wird darauf verwiesen, dass aktiven Managern auch die Möglichkeit der Desinvestition (oder des vollständigen Ausschlusses) offensteht. Aus meiner Sicht sollte dies die letzte Lösung sein und nur dann zum Einsatz kommen, wenn das Engagement scheitert. Zweifellos halten die wenigsten Investoren oder Assetmanager so große Positionen, dass ihre Entscheidung die Finanzlage maßgeblich beeinflussen kann. Aber da ESG-Fragen für die gesamte Finanzbranche sehr wichtig sind, werden sich vermutlich immer häufiger Investoren zusammenschließen, um Unternehmen zu Verbesserungen anzuhalten. Das gilt vor allem für Firmen aus umstrittenen Sektoren wie Öl & Gas, Energie im Allgemeinen und Transport.
ESG-Benchmarking
Ich bin überzeugt, dass eine aktive Aktien- und Anleihenauswahl auf Grundlage sorgfältiger Finanz- und ESG-Analysen dazu beitragen kann, Portfolios zusammenzustellen, die in puncto Performance und ESG-Profil besser abschneiden als der Gesamtmarkt.
Ich behaupte sogar, dass man mit einem aktiven Investmentansatz wirkungsvoller breite Verbesserungen anstoßen kann als mit einem passiven. Dabei denke ich zum Beispiel an die reinste Art eines ESG-Portfolios: Impact-Strategien. Sie werden mit dem Ziel zusammengestellt, Verbesserungen bei ganz bestimmten ökologischen oder sozialen Themen zu erreichen.
Häufig definieren die Strategien ihre Ziele in Anlehnung an die SDGs. Beispiele für diese Nachhaltigkeitsziele der UN sind Klimaschutz, erschwingliche und saubere Energie, verantwortlicher Konsum und Produktion, Geschlechtergleichstellung und keine Armut.
Portfolios mit so breiten sozialen Zielen lassen sich nur mit einem aktiven Ansatz managen und unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente – Analysen, Einzelwertauswahl und Engagement bei Portfoliounternehmen.
Engagierte Investoren
Durch die Einbeziehung der Klimawissenschaft in den Investmentprozess können wir jetzt aktiv Portfolios zusammenstellen, die helfen, das 2015 in Paris festgelegte und 2021 in Glasgow bestätigte 1,5–2°C-Ziel zu erreichen.
Immer mehr Investoren entscheiden sich für ESG-Fonds. Das belegen die jüngsten hohen Mittelzuflüsse. Im letzten Jahr floss weltweit die Rekordsumme von 649 Milliarden US-Dollar in ESG-orientierte Strategien (Stand Ende November), deutlich mehr als 2020 und 2019 (542 Mrd. USD und 285 Mrd. USD)1 .
Pensionsfonds, Versicherungen, Staatsfonds und private Investoren wollen mit ihren Anlagen etwas bewirken. Sie wollen in die – nicht nur in puncto Ertrag – besten Unternehmen investieren, und sie wollen sicher sein, dass ihre Investmentmanager berücksichtigen, welche Auswirkungen die Aktivitäten einer Firma auf Umwelt, Arbeitnehmer und Gesellschaft haben. Und nicht zuletzt wollen sie, dass die Geschäftsleitungen für ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig sind. Aktives Management kann ihnen diese Sicherheit geben. Aktive Strategien können attraktive risikobereinigte Erträge erzielen und dazu beitragen, dass der Umwelt und der Gesellschaft weniger Schaden zugefügt wird.
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Rechtliche Hinweise
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